2:2 – „Rolls Reus“ erneut überragend

In einem über weite Strecken hochklassigen Bundesligaspiel trennten sich mit Bayer Leverkusen und Borussia Dortmund zwei Top-Teams der Liga leistungsgerecht 2:2 unentschieden. Die jeweilige Führung der Gastgeber durch Lars Bender und Gonzalo Castro konnte der BVB durch Oliver Kirch und Marco Reus zweimal egalisieren. Vor 30.210 Zuschauern in der ausverkauften Bay-Arena lieferten sich beide Mannschaften einen offenen Schlagabtausch auf teilweise hohem Niveau.

Verschworener „Haufen“: Borussia vor dem Anpfiff (Foto:kicker)

PERSONAL

Gegenüber dem 4:2 gegen Mainz kehrte der wiedergenesene Weidenfeller für Langerak zwischen die Dortmunder Pfosten zurück. Anstelle des verletzten Erik Durm vertraute BVB-Coach Jürgen Klopp bei der Besetzung der Linksverteidiger-Position auf seine Allzweckwaffe Kevin Großkreutz.

SPIELVERLAUF

Beide Teams begegneten sich mit hochstehenden Abwehrreihen und frühem Pressing und somit in ähnlicher taktischer Ausrichtung. Mit der ersten Torchance gingen die Gastgeber in der 7. Minute in Führung. Einen von Weidenfeller an die Latte gelenkten Kießling-Abpraller netzte Lars Bender geistesgegenwärtig per Kopf zum 1:0 für Bayer ein. Borussia zeigte sich allerdings keineswegs geschockt und kam in der 12. und 13. Minute durch Mkhitaryan zu zwei guten Gelegenheiten, die der Armenier jedoch nicht nutzen konnte. Der verdiente Ausgleich für die Schwattgelben nach 29 Minuten. Einen von halblinks wie immer mit viel Schnitt und Präzision von Reus geschlagenen Freistoß verlängerte Oliver Kirch mit dem Hinterkopf in die lange Ecke des von Leno gehüteten Leverkusener Tores. Eine Kopie des Piszczek-Treffers gegen Mainz aus der Vorwoche.

Der offene und intensiv geführte Schlagabtausch setzte sich in der Folgezeit fort und mündete nach 35 Minuten in Leverkusens erneute Führung. Eine gefühlvolle Hereingabe von Brandt köpfte Gonzalo Castro aus halblinkem spitzem Winkel unhaltbar für Weidenfeller zum 2:1 ein. Aber auch der erneute Rückstand hinterließ keine Schockstarre beim BVB, denn bereits in der 39. Minute besorgte Reus per Strafstoß das 2:2. Hilbert hatte zuvor eine Jojic-Flanke im Zweikampf mit Lewandowski mit einem klaren Handspiel geklärt. Nur eine Minute später verpaßte der einmal mehr überragende Marco Reus, seine Mannschaft mit 3:2 in Führung zu bringen.

Vollgas-Coaching: Jürgen Klopp (Foto: kicker)

Nach dem Seitenwechsel begannen beide Teams personell und auch in ihrer Spielanlage unverändert. Kießling (46. und 60.) ließ zwei Möglichkeiten ungenutzt, Son traf in der 68. Minute nur das Außennnetz und Brandt scheiterte freistehend am grandios reagierenden Weidenfeller (72.). Borussia zeigte sich spielerisch gegen die sich in der Folgezeit immer weiter zurückziehenden Leverkusener zwar überlegen, konnte sich aber kaum noch gefährliche Tormöglichkeiten herausarbeiten. Einzig durch einen Reus-Freistoß in der 79. Minute, den Hummels knapp verpaßte, konnte der BVB das Tor der Gastgeber nochmals ernsthaft in Bedrängnis bringen.

Ansonsten neutralisierten sich beide Teams bereits im Mittelfeld. Boenisch bot sich in der Nachspielzeit nochmal die Möglichkeit zum Siegtreffer für Bayer, doch der Außenverteidiger vergab aus spitzem Winkel. So blieb es beim letzlich gerechten Unentschieden zwischen zwei an diesem Nachmittag gleich starken Teams.

Leverkusens 1:0 durch L.Bender (Foto: kicker)

ANALYSE

Zwar trumpfte Borussia nicht so brillant und furios wie in den Spielen der letzten Wochen auf, bestach aber dennoch durch einen Mix aus Leidenschaft, taktischer Disziplin und im ersten Durchgang auch spielerischer Finesse.

Aus einer wie gewohnt geschlossenen Mannschaft ragte einmal mehr Marco Reus heraus. Der Nationalspieler war nicht nur an beiden Toren seines Teams direkt beteiligt. Vielmehr lief fast jeder Angriff über „Woodyinho“. Wo immer der blonde Wirbelwind auch auftauchte, verursachte er durch seine furiosen Aktionen Unruhe in der Leverkusener Defensive. Reus sprühte nur so vor Spielfreude und sorgte mit seinen blitzgescheiten Pässen und stets gefährlichen Dribblings für permante Überraschungsmomente im Offensivspiel des BVB. Nicht zu vergessen seine Standards, bei denen vor dem Tor der Gastgeber stets „Alarmstufe Rot“ ausgerufen wurde.

Überdurchschnittlich einmal mehr auch der Auftritt von Oliver Kirch. Der 31jährige Blondschopf war nicht nur wegen seines Ausgleichstreffers zum 1:1 neben Reus der auffälligste Borusse. Kirch stopfte mehrmals Löcher im Mittelfeld-Zentrum und sorgte in der Vorwärtsbewegung für spielerische Akzente. Fast alle Aktionen des Routiniers hatten Hand und Fuß. Kirch verlieh dem Aufbauspiel des BVB Struktur, auch wenn seinen Offensiv-Aktionen in manchen Umschaltmomenten die Schnelligkeit fehlte – was Mitte der zweiten Hälfte zu einem kurzen Disput mit Jürgen Klopp führte.

Kirchs Ausgleich zum 1:1 (Foto: kicker)

Erwähnenswert, weil äußerst selten: Robert Lewandowski kam gegen Leverkusens Innenverteidiger-Duo Spahic und Toprak kaum zur Geltung. Zwar bemühte sich der polnische Nationalspieler wie gewohnt und schaffte auch immer wieder Räume für die nachrückenden Mannschaftskollegen. Doch Lewy wollte an diesem Nachmittag irgendwie nichts gelingen. Aber kein Vorwurf an Borussias Goalgetter, der sich in zahlreichen nickeligen Zweikämpfen mit Spahic und Toprak extrem aufrieb.

Mit dem Punkt in Leverkusen setzten die Schwattgelben ihren positiven Lauf der vergangenen Wochen fort und untermauerten ihren Anspruch auf Platz Zwei. In den beiden noch ausstehenden Saisonspielen gegen Hoffenheim und bei Hertha BSC könnte der BVB sein Punktekonto auf starke 71 Zähler ausbauen und eine von vielen Nackenschlägen geprägte Bundesliga-Saison zu einem mehr als positiven Ende bringen.

DIE STATISTIK

Bayer Leverkusen: Leno – Hilbert, Toprak, Spahic, Boenisch – Bender, Can – Brandt, Castro, Son – Kießling

Borussia Dortmund: Weidenfeller – Piszczek, Sokratis, Hummels, Großkreutz – Sahin, Kirch – Jojic, Reus, Mkhitaryan – Lewandowski

Einwechselungen: 81. Rolfes und Öztunali für Castro und Brandt, 84. Derdiyok für Kießling – 75. Aubameyang für Mkhitaryan, 82. Hofmann für Jojic, 90. Schieber für Lewandowski.

Tore: 1:0 L. Bender (7., Kießling), 1:1 Kirch (29., Freistoß Reus), 2:1 Castro (35., Brandt), 2:2 Reus (39., Handelfmeter, Hilbert)

Schiedsrichter: Perl (Pullach)

Gelbe Karten: Spahic – Lewandowski

Zuschauer: 30.210 (ausverkauft)

HIER SPRICHT KLOPPO

Ein Punkt in Leverkusen ist für Borussia Dortmund immer noch ein Erfolg, und das wird auch noch eine Zeitlang so bleiben. Und wie er zustande gekommen ist, war gut. Wir waren voller Spielfreude und hatten richtig Bock auf Fußball, haben die Kugel laufen lassen. Leider haben wir dem Gegner damit auch ein bisschen in die Karten gespielt. Nach Ballverlust mussten wir weite Wege zurück in die Defensive gehen, die richtig weh getan haben. Die beiden Gegentreffer hätten wir besser verteidigen können. Beim zweiten wollte einer von uns auf Abseits stellen. Wir haben aber auf beide Gegentore gut reagiert, weiter Fußball gespielt und ein tolles Standard-Tor – ähnlich wie am vergangenen Wochenende gegen Mainz – zum 1:1 erzielt.

Die zweite Halbzeit war ein bisschen offener, weil wir ungeduldiger wurden in unseren Aktionen. Wir waren zwar immer noch gut, aber nicht mehr herausragend. So ist es ein verdienter Punkt für beide Mannschaften.

Marco Reus ist in einer sehr guten Verfassung, und das hilft uns, Spiele zu gewinnen. Neben seinem großartigen Talent bringt er die Bereitschaft zum Arbeiten mit ein. Marco hat unsere Spielweise maximalst verinnerlicht. Es macht ihm Spaß, gegen die Kugel zu arbeiten, weil es ihm auch viele Dinge erleichtert. Er hätte auch ein zweites Tor erzielen können, wenn er vielleicht an Leno vorbeigelaufen wäre, aber er wollte den Ball durchstecken.

Für uns ist wichtig, dass wir erstmals seit einer gefühlten Ewigkeit wieder eine komplette Trainingswoche hatten, in der wir auch an taktischen Dingen arbeiten konnten. Dafür nutzen wir die letzten drei Wochen vor dem alles entscheidenden Spiel in Berlin. Dabei müssen wir hoffen, dass sich niemand weh tut. Aber das kann man nicht verhindern, indem man sie nicht mehr aufstellt. Wenn wir so spielen wie in der ersten Halbzeit in Leverkusen, werden wir die weiteren Spiele gewinnen und können mit breiter Brust ins Finale gehen.“

MEINE BVB-NOTEN

Weidenfeller (2), Piszczek (3,5), Sokratis (2,5), Hummels (2,5), Großkreutz (3,5), Kirch (2), Sahin (4), Jojic (3), Reus (1,5), Mkhitaryan (3,5), Lewandowski (4), Aubameyang (-), Hofmann (-), Schieber (-).

Großkreutz ersetzt verletzten Durm

Wer glaubt, für Borussia Dortmund sei nach der geglückten direkten Champions-League-Qualifikation die Bundesliga-Saison gelaufen, sieht sich getäuscht. „Es sind noch neun Punkte zu vergeben. Und die wollen wir uns noch holen“, reagierte Jürgen Klopp in gewohnter Manier auf die Frage nach Borussias Motivation für die letzten drei Bundesliga-Spiele. Und schob nach: „Wir brauchen keine Titel-Ambitionen, um ein Bundesliga-Spiel gewinnen zu wollen.“

Fällt mit einer Zerrung aus: Shooting-Star Erik Durm (Foto: kicker)

Logischerweise geht es in den noch ausstehenden drei Bundesliga-Spielen nicht nur um Punkte und die endgültige Sicherung der Vize-Meisterschaft – noch wichtiger dürfte für den BVB sein, die zuletzt überragende Form zu konservieren und die „mentale Spannung“ bis zum 17. Mai hochzuhalten. Dann nämlich steigt im Berliner Olympiastadion das DFB-Pokalfinale gegen Bayern München. Morgen geht es jedoch für Borussia erstmal zum Auswärtsspiel bei Bayer Leverkusen.

Mit einem Sieg in der Bay-Arena könnte der BVB seinem Erzfeind aus der verbotenen Stadt Schützenilfe im Kampf um dessen direkte Champions-League-Qualifikation leisten und „den Blauen“ somit den hartnäckigsten Verfolger vom Leibe halten. Was aber Jürgen Klopp und sein Team nicht daran hindern dürfte, in Leverkusen erneut „alles rauszuhauen“. Die Startformation für das Duell mit dem Tabellen-Vierten ergibt sich quasi von allein – denn mit Erik Durm und Sebastian Kehl begaben sich kurzfristig zwei weitere Akteure ins nach wie vor prall gefüllte und prominent belegte BVB-Lazarett (Subotic, Blaszczykowski, Gündogan, Bender).

Dagegen wird Roman Weidenfeller am Samstag Abend ins Dortmunder Tor zurückkehren. Der Nationaltorhüter hat seine Blessur auskuriert. Lichtblicke auch für Marcel Schmelzer. Der Nationalspieler  konnte zuletzt endlich wieder mit der Mannschaft trainieren, ist aber laut Jürgen Klopp für Leverkusen noch keine Startelf-Option. Somit dürfte Allzweckwaffe Kevin Großkreutz die Position des Linksverteidigers bekleiden.

In Leverkusen Linksverteidiger: Allzweckwaffe Großkreutz (Foto: kicker)

Gutes Omen für das Spiel bei der Werkself – unter Jürgen Klopp ist Borussia in der Bay-Arena noch ungeschlagen. Lediglich einmal überhaupt verloren die Schwattgelben mit Klopp als Cheftrainer ein Bundesliga-Spiel gegen die Rheinländer. In der Hinrunde gelang Bayer ein 1:0-Sieg im Westfalenstadion. Der BVB hat also mit Leverkusen noch eine offene Rechnung zu begleichen. Zudem wurden seinerzeit Spahic und Sokratis des Feldes verwiesen.

Bayer spielte eine überragende Hinrunde und belegte in der Winter-Tabelle den zweiten Platz. In der Rückrunde fiel die Werkself jedoch in ein nicht für möglich gehaltenes und nicht enden wollendes Formtief. Zwischenzeitlich mußte man gar um die Europa-League-Qualifikation bangen. Vor zwei Wochen reagierten die Verantwortlichen um Sportdirektor Rudi Völler schließlich und entließen ihren Cheftrainer Sami Hyypiä. Dessen Nachfolger Sascha Lewandowski holte aus zwei Spielen zwei Siege und schaffte somit scheinbar die Wende zum Guten. Gegen den BVB fehlt den Leverkusenern  Außenverteidiger Donati gelbgesperrt. Für ihn dürfte Hilbert in die Startelf rücken.

Die Pressekonferenz mit Jürgen Klopp zum Spiel in Leverkusen (präsentiert von SportLiveDortmund)

Mein Tipp:

Borussia knüpft an die zuletzt gezeigte Form an und gewinnt mit 3:1.

Die möglichen Aufstellungen:

BAYER: Leno – Hilbert, Toprak, Spahic, Boenisch – L.Bender, Can – Brandt, Castro, Son – Kießling.

BVB: Weidenfeller – Piszczek, Sokratis, Hummels, Großkreutz – Kirch, Sahin – Jojic, Reus, Mkhitaryan – Lewandowski.